Interview

Über Kankick

Interview

Hierzulande wäre dieses Beat-Game ein anderes, wenn es Twit One nicht gäbe. Der Kölner hat etliche Platten veröffentlicht – solo, mit Hulk Hodn als Testiculo Y Uno, mit den Summers Sons, Lazy Jones, Count Bass D, Fleur Earth und mehr.

Twit ist DJ, macht Radio und betreibt den Groove Attack Record Store in Köln. Und er macht Beats. Schon seit einigen Jahren, als dieses Beat-Game eben noch nicht dieses Beat-Game war. In dieser Realität aus Lo-Fi und Playlist-Producing hat er sich für seinen Sound einfach selbst eine eigene Bezeichnung überlegt: Cool Bap. Auch sein neues Album »Objets Trouvés«, das dieser Tage auf Melting Pot erscheint, ist damit natürlich passend beschrieben. Ach ja, sein Lieblings-Produzent. Natürlich ein Geheimtipp: Kankick aus Oxnard.

Es ist immer schwer, sich auf einen Künstler festzulegen. Eigentlich gebe ich auch nur (mindestens) 10er-Listen ab, aber wenn ich einen Produzenten nennen soll, den ich musikalisch wie auch menschlich am meisten schätze, so ist das Kankick.

Kankick auch bekannt (oder eher zu unbekannt!) als Kanzulu, Kankick Da Funky Asthmatic, Kanstructivist und anderen Pseudonymen ist ein schändlich unterschätzter Produzent aus Oxnard, Kalifornien, der Heimatstadt von Madlib, Medaphoar, Declaime, Oh No, DJ Romes und so weiter. Er ist mir zum ersten Mal als Produzent von dem Declaime-Track »Never Ending« aufgefallen – das muss so um 2000 herum gewesen sein. Lazy Jones hat die Platte rangeschafft und wir waren sofort Fans. Die B-Seite hat Madlib produziert und so haben wir die beiden also zur gleichen Zeit für uns entdeckt. Wir hatten gerade einen solventen Homie überredet, für die Finanzierung unserer ersten MPC2000XL zu bürgen und wollten nur solche Beats machen. 2001 kamen dann seine LP »From Artz Unknown« und das Declaime-Album »Andsoitisaid«, auf der er Untergrundklassiker wie »Caliwayz« produziert hat, raus. Da war für mich alles klar.

Während Madlib und Dilla durch die Decke gegangen sind, ist es immer relativ ruhig um Kankick geblieben. Er hat aber auch nie wirklich die Aufmerksamkeit gesucht, hat kaum Interviews gegeben und lieber seine Beats sprechen lassen. Oder seine Raps. Er rappt mit einer hohen, luftigen Stimme – abgefahren! Da Funky Asthmatic halt. Declaime, Kankick & Quasimoto waren für mich die spannendsten Stimmen damals.

Hört mal »Madmen On Arrival« (2002, Humdrums) – eine EP, die er mit Declaime & Poppy gemacht hat und checkt seine Raps auf dem Track »Kanstructivist«. Die Beats hat er mit einem Ensoniq EPS 16 gemacht. Keine Ahnung, wie das Teil funktioniert, aber die haben mich umgehauen. Ich bin irgendwie immer davon ausgegangen, dass er eine MPC benutzt hat. Aber auf Nachfrage hat er mir gesteckt, dass er mit dem Ensoniq EPS 16+ angefangen hat und dann immer mal wieder das ASR-10 für ein paar Jahre benutzte. Während ich mir die Beschreibung von den Ensoniq-Geräten durchgelesen und nochmal ein paar Kankick-Platten gehört habe, habe ich echt Lust bekommen die Teile mal auszuprobieren, wobei ich wohl nicht mehr von MPCs wegkommen werde. Er hat übrigens auch zwei MPCs. Aber die benutzt er bisher nicht, meint er.

Seine Beats haben immer wieder ein paar extra Layers, die den Tracks einen extra Twist geben. Oft sind das so durchgehende, hochfrequente Sounds, die so klingen, als ob er Signale aus dem Weltall empfängt, während er den Track gemacht hat. Verhältnismäßig laute Snares sind auch ein Markenzeichen von ihm und oft setzt die Bassline ein, wenn man schon nicht mehr damit rechnet. Außerdem ist er ein Meister der Skits und unerwarteten Enden. Die stilsicher ausgewählten Samples zeugen davon, das er einen exzellenten Musikgeschmack hat. Kankick-Beats haben oft auch was spirituelles und sind deep, ohne es darauf anzulegen.

2007 war Kankick mit Wildchild anlässlich einer 25 Jahre Wildstyle-Party in Köln und an dem Abend davor war er im Stecken, wo ich aufgelegt habe. Selten den Laden so voll erlebt. Ich habe trotzdem relaxte Tunes aufgelegt: Soul, Brazil und so weiter und Kan kam zu mir und meinte: »You play this stuff on a friday night?« Ich so: »Sicher!« Da hat er das Mic genommen und eine ganze Weile getoasted. Seitdem sind wir immer in Kontakt geblieben und tauschen Musik aus. Erst heute hat er mir eine Mail mit dem Link zu einer obskuren Jazz-LP geschickt.

So kam es auch dazu, dass er auf der »Puzzles«-Compilation von 2010, die ich kuratiert habe, mit einem Beat vertreten ist und ein Jahr später sogar ein Album auf A.U.D.D.A. / D’Akkord rausgebracht hat. »Rummage To Royalty«. Ein paar Jahre später, 2017, haben wir auch nochmal eine Split 7″ auf A.U.D.D.A. rausgebracht – das ist nach wie vor eine Ehre für mich . Auch wenn meine Beats gegen seine abstinken können.

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